Von
vielen als die "Otaku Bibel" gehandelt, dokumentiert Otaku no Video
den Wandel eines Menschen zu einem Otaku, seinen sozialen und gesellschaftlichen
Abstieg, sowie anschließende phönixhafte Auferstehung. Dabei setzten die Macher
von Otaku no Video ein Zeichen an die Gesellschaft ihre für
Außenstehende oft kurios erscheinenden Hobbies zu respektieren, während sie im
selben Atemzug diese selbstironisch auf die Schippe nehmen.
Der Anime gehört zu den Filmen, die halfen das Genre Mockumentary
zu prägen. Dieses
ist die Bezeichnung für einen Film, der so tut als sei er ein Dokumentarfilm,
was in erster Linie als Mittel für Parodie und Satire anzusehen ist.
Gainax parodiert sich bewusst stellenweise auf eigene Kosten. Die zweite Firma,
die im Anime gegründet wird, "Giant X" klingt im japanischen bei
schneller Aussprache wie "Gainax" und ist auch als satirischer
Vergleich zur Geschichte des echten Studios Gainax inszeniert.
Der Anime
dokumentiert dabei diverse Zeitperioden wie die beiden OVA Folgentitel
Otaku No Video 1982 und
More Otaku No Video 1985
bereits andeuten, und sich bis zum Jahre 2035 erstrecken. Auch hier sind Parallelen
zum wirklichen Studio Gainax im Anime erkennbar, das am 24.12.1984 gegründet wurde.
Zudem stellen die zwischendurch eingeschobenen "Portrait of an Otaku" Interviews
in Wirklichkeit gestellte "Pseudo Interviews" mit damaligen
Gainax Mitarbeiter dar.
Diese Interviews mit "echten Otakus" offenbaren sich als geniale
humoristische Brüller,
bei denen der Zuschauer die diversen Facetten diverser
Otakus vorgesetzt bekommt. So erfahren wir etwas aus dem Leben eines Cel Diebes,
der die Anime Folien auf denen die Charakter gezeichnet werden, aus den Studios
stiehlt um sie anschließend Sammlern für teueres Geld zu verkaufen. Doch auch
er hat einen Ehrenkodex, so dass er "lediglich" bereits abgefilmte
Cels entwendet, so dass der Produktionsprozess des Anime nicht beeinträchtigt
wird.
In einen anderem Inteview erfahren wir mehr über einen Anime Besessenen, der
sämtliche Anime versucht aufzunehmen, um so die ultimative Anime Sammlung zu
besitzen. Dabei schafft er es natürlich nicht diese ganzen Serien anzusehen,
darum geht es ihm auch gar nicht, es geht allein um die Größe und Perfektion
seiner Sammlung. Sehr interessant war auch das Gespräch mit einem
"Büroangestellten", der angesprochen auf seine Cosplayaktionen in
seiner Schulzeit erst alles leugnet, bei Photobeweisvorlage dann schon fast
handgreiflich wird.
Doch es kommen noch bizarrere Gestalten kommen in den Interviews zu Wort. So lernen wir
einen exzessiven Hentai Game Spieler kennen, der seine imaginären Freundinnen
realen Bekanntschaften vorzieht. Diese Besessenheit wird deutlich zur Schau
gestellt, indem er ständig betont wie süß doch der Lolikon Charakter seines
momentanen Hentai Games denn ist. Bei dem Hentai Game handelt es sich
interessanterweise um Gainax eigenes Cybernetic High School Game.
Ebenfalls amüsant und erschreckend zugleich das Gespräch mit einem Porno
Verrückten, der sich z.B. eine spezielle Brille gebastelt hat, welche die
Mosaikzensur in japanischen Pornos "reduziert"...
Diese Interviews werden dem Zuschauer allesamt durch die Reihe hinweg glaubhaft verkauft, sogar an
Zensurmosaikbalken
über den Augen und Stimmenverfremdung, um den Interviewpartner zu anonymisieren, wurde
gedacht, wodurch der Otakukultur eine schon fast verbrecherische Atmosphäre
angehängt wird. So kann
man auch schnell zu den Schluss kommen, dass da wirkliche Otakus zu Wort kommen und
ihre teils erschreckenden Leidenschaften zur Schau stellen.
Bildtechnisch fällt Otaku no Video in die Glanzzeit des Studio
Gainax. Gegenüber aktuellen digital produzierten Anime erkennt man natürlich
gewisse Alterserscheinungen wie etwas Schmutz auf den abgefilmten Celfolien, was
allerdings ein allgegenwärtiges Problem bei nicht CG Anime ist. Insgesamt ist
das Bild aber sehr solide und weiß durch ständige Szenenwechsel und flüssige
Animationen zu überzeugen.
Dem Zuschauer bieten sich mehrere Varianten beim Ansehen von Otaku no Video.
Entweder den reinen Anime Teil, nur die Real Interviews mit Otakus oder beides
zusammen, wobei hier dann die Interviews bestimmte Szenen des Anime unterbrechen
und so stückchenweise über den Anime hinweg verteilt sind. Diese Variante ist
definitiv die zu empfehlende Weise diesen Anime zu genießen.
Der Anime parodiert ein riesige
Bandbreite an Anime, viele sind relativ leicht erkennbar wie die Luftkampfszenen aus
Macross, die
unseren SciFi Fan wegen ihrer Detailvernarrtheit so begeistern. Der Key Animator,
dessen Mecha Dogfights hier so gelobt werden, ist in übrigen niemand anderes
als Hideaki Anno, der später zu den Top Männern bei Gainax emporstieg. Auch
hat er des weiteren die "Gotteskämpfer" aus Nausicaä designed.
Oder das sexy Cosplay Kostüm des weiblichen Clubmitglieds, welches eindeutig
Lum aus
Urusei Yatsura darstellt. Auch Gundam, Lupin oder Minky
Momo Fans werden hier auf ihre Kosten kommen. Auch aus Gainax Serien finden
sich mehrere Anspielungen. So stellt das "feminine Käuferschicht anregende Maskottchen"
der zweiten produzierten Figur "Misty May" ein Löwenpärchen namens
"Posi-King" und "Nega-King" dar, wobei davon der männliche
Part natürlich eindeutig King aus Nadia ist. Insgesamt gibt es so viele
Anspielungen und versteckten Animehinweise, dass man selbst bei mehrfachen
Anschauen nicht alle bemerken wird.
Hier mal eine Auswahl an Manga/Anime Titeln, die auf diverseste Arten in Otaku
no Video parodiert werden, sei es durch Aussprüche, Poster, Cosplay, Model Kits,
T-shirts etc.: Mobile Suit Gundam, Space Batlleship Yamato, Magical Princess
Minky Momo, Urusei Yatsura, Lupin, Dr.Slump, Cyborg 009, Galaxy Express 999,
Captain Harlock, Space Cobra, Lupin III, Gatchaman, Doraemon, Ge-Ge-Ge no
Ki-taroo, Yattaaman, Future Boy Conan, Fighting General Daimos, Dokonjoogaeru,
Sazae-san, Ultra Q, Rose of Versailles, Ashita no Joe,
Moto Hagio no Zenshuu, Blackjack, Nausicaä, Getta Robo G, Ultraman, Minky Momo,
Ironman No.28, Goldion, Thunderbirds, Lensman, Macross, Dirty Pair, Maison
Ikkoku, Sukeban Deka, Space Detectives Sharivan, Silent Möbius, Xabungle,
Gooshuu the Cellist, Ultra Seven,
Wings of Honneamise, Gunbuster und noch viele mehr...
Zudem ist die Figur "Misty May" eine Kombination aus diversen
bestehenden Charas.
Cutey Honey gekreuzt mit Magical Angel Creamy Mami und dem Daicon
IV Bunny Mädchen.
Ebenfalls eine Fülle an Parodien sind in den jeweiligen Lyriken der Vocal Songs
in
Otaku no Video enthalten, deren Auflistung hier bei weitem den Rahmen
sprengen würde.
(Eine *fast* komplette Zuordnung dieser vorkommenden Parodien liegt der
englischen
Otaku no Video DVD von AnimEigo in Form eines "Liner Notes"-
Booklets bei, in der auch die im Anime vorkommenden Plätze realen
Örtlichkeiten zugeordnet werden.)
Aufgrund seines zeitspezifischen Bezugs sind einige dieser Parodien für den
heutigen Anime Fan allerdings auch nur schwer erkennbar. Dadurch wird der Anime
aber nun zusätzlich zu einem interessanten Stück Animationsgut, da es
einen geschichtlichen Rückblick auf die damalige Anime Kultur erlaubt. Dabei
liegt der Schwerpunkt aber nicht nur auf Anime, sondern auch auf Garage Kits,
Cosplay, Doujinshi oder eben der Dokumentation wie man ein riesiges
Animationsstudio à la Gainax von Grund auf aufbaut.
|